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Natur als geistige Entwicklung

Ein ökologisches Alleinstellungsmerkmal der Anthroposophie. Der Artikel erschien zuerst in der Weihnachtsausgabe der Zeitschrift "Anthroposophie".

von Wolf-Ulrich Klünker | 17.01.2022
Licht, Finsternis und Farben

Die gegenwärtige existentielle Zuspitzung des ökologischen Problems lässt eine späte geisteswissenschaftliche Andeutung Rudolf Steiners in einem besonderen Licht erscheinen. Unmittelbar vor seinem Tod hat Rudolf Steiner im März 1924 den Mitgliederbrief «Von der Natur zur Unter-Natur» verfasst. Der Inhalt des Aufsatzes wird dann in den letzten der «Anthroposophischen Leitsätze» (Nr. 183 bis Nr. 185) zusammengefasst. Diese Texte sind am 12. April 1925 in der Wochenschrift «Das Goetheanum» veröffentlicht worden, also erst nach dem Tod Rudolf Steiners. Sie finden sich heute in Band 26 der Rudolf-Steiner-Gesamtausgabe und können im Hinblick auf die Beziehung zur Natur wohl als eine Art Vermächtnis Rudolf Steiners gelten.

Kurz gefasst wird darin geschildert, wie die damals neuere naturwissenschaftliche und technische Entwicklung unbemerkt zu einer Verzerrung des Naturverständnisses geführt hat. Was wissenschaftlich, technisch und in der Folge auch kulturell als «Natur» bezeichnet wird, bezieht sich gar nicht mehr auf die Natur mit ihren Lebensvorgängen, sondern auf eine abstrahierte Unter-Natur, die von nun an mit der Natur verwechselt wird. Wichtig ist, dass Rudolf Steiner die Lösung dieser Verzerrung oder Verwechslung nicht in einem Zurück zur (eigentlichen) Natur sieht, sondern in einer geistigen Gegenbewegung. Durch geistige Aktivität kann der Mensch erzeugen, was nicht in der natürlichen Entwicklung liegt, was die Natur selbst nicht hervorbringen könnte: die «Über-Natur». Die so geschaffene Wirklichkeit der Über-Natur wirkt polar gegenüber der ebenfalls vom Menschen erzeugten, aber als solche nicht bewussten Unter-Natur. So kann gleichsam in der Mitte ein neuer lebendiger Naturprozess entstehen.

Es liegt auf der Hand, dass ein solches dynamisches Verständnis nicht die Erhaltung oder Rekonstruktion von (alter) Natur anstreben kann. In dieser Perspektive besitzt die Anthroposophie ein deutliches Alleinstellungsmerkmal im ökologischen Diskurs. Denn aus den skizzenhaften Andeutungen Rudolf Steiners ergibt sich ein prozessuales und organisches Naturverständnis, das die Beziehung des Menschen zur Natur grundsätzlich mit einbezieht, auch wissenschaftlich. Es zielt nicht auf Naturerhaltung oder Naturrekonstruktion, sondern auf Zukunftsentwicklung der Natur durch den sich geistig entwickelnden Menschen.

Am Anfang steht die erkenntniskritische Frage, was wir überhaupt meinen, wenn wir von Natur sprechen; und es wird darauf hingewiesen, dass die Natur selbst und ihr Begriff einer Entwicklung unterliegen, die nicht unabhängig von der Entwicklung des Menschen zu sehen ist. Dieser komplexe ökologische und menschenkundliche

Zusammenhang tritt offenbar – das scheint sich aus der Skizze Rudolf Steiners zu ergeben – in eine neue Phase: Die Zukunft der Natur ist auf eine entsprechende Einsicht und Intention, aber auch Tätigkeit des Menschen angewiesen. Als eine solche Praxis kann zweifelsohne die Idee und die Praxis der biologisch-dynamischen Landwirtschaft verstanden werden.

Heute, nach nahezu hundert Jahren, erscheint aber darüber hinaus auch eine Ausweitung der Perspektive notwendig. Neben die Frage, ob wirklich Natur gemeint, intendiert oder «getroffen» wird, wenn von «Natur» die Rede ist, können und müssen noch weitere Fragen treten. Meinen und «treffen» wir eigentlich die menschliche Seele, wenn beispielsweise in der Psychologie von «Seele», Empfindung, Bedürfnis oder auch Wahrnehmung gesprochen wird? Meinen und «treffen» wir eigentlich den lebendigen Organismus, wenn beispielsweise im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie Aussagen über Körperprozesse getroffen werden? Oder liegen die Zielpunkte unbemerkt auf etwas Unter-Seelischem bzw. auf etwas Unter-Körperlichem? Müsste nicht in beiden Fällen zunächst aus menschlicher Eigeninitiative und Eigenaktivität etwas Über-Seelisches oder Über-Körperliches geschaffen werden, damit in dem so entstehenden Spannungsraum gleichsam in der Mitte Seele und Leib sich in ihrer neuen und der Zeit entsprechenden Gestalt zeigen können? «Über-seelisch» und «über-körperlich» bedeuten dabei die Auswirkung oder das Ergebnis einer geistigen Bemühung, nicht ein irgendwie geartetes artifizielles Produkt. Zudem muss klargestellt werden, dass die heute nicht unproblematischen Bezeichnungen «über» und «unter» natürlich nicht wertend gemeint sind. Vielmehr zielen sie auf eine unabdingbare Verhältnisbildung oder Spannung, in der sich der Gegenstand von Forschung und Entwicklung zeigen kann.

Vermutlich lässt sich die angedeutete Sichtweise auch auf andere Bereiche übertragen, beispielsweise auf kulturelle, zivilisatorische und soziologische Prozesse; vielleicht sogar in ästhetischer Hinsicht auf die Kunst. Jedenfalls ergeben sich, wenn man an Rudolf Steiner anknüpfend zunächst das Naturverständnis ins Auge fasst, weitreichende Konsequenzen. Beispielsweise unterschied das spirituelle Mittelalter die Erkenntnis durch das Wort von der Erkenntnis durch die Natur, und im deutschen Idealismus galt die Natur als das «Gegenüber des Bewusstseins». Aus der Beziehung von Über-Natur, Unter-Natur und Natur würde sich dagegen ergeben, dass das Wort (das auch Moral und Erkenntnis umfasst) und das Bewusstsein nicht als Gegenüber der Natur, sondern als ihr Entwicklungsmittel gelten müssen.

Die angedeutete Perspektive setzt allerdings einen gewissen Schwellendurchgang voraus: Das menschliche Bewusstsein müsste sich aus der Abstraktion heraus auf Lebensprozesse hin befreien – und andererseits dürfte das Lebendige nicht mehr als bewusstseinsfern und auch nicht unabhängig vom Menschen betrachtet werden. Bewusstsein und Leben, Natur und Geist kommen sich entwicklungsgeschichtlich näher – eine Intention, die angesichts der menschheitlichen Zuspitzungen der letzten Jahre, zu denen auch die Corona-Pandemie gehört, leichter zugänglich erscheinen kann.

In einer bestimmten Tradition der Physik wurde die Natur nicht als Gegensatz des menschlichen Bewusstseins gesehen, sondern als seine Folge oder seine Tätigkeit. Das Wirken der Natur galt als Wirken des Denkens (opus naturae est opus intelligentiae). In diesem Sinne könnte sich heute die Anthroposophie in ihrer eigenen geisteswissenschaftlichen Zuspitzung oder «Spitze» (gemeint im Sinne eines revidierten Begriffs von «Spitzenforschung») als Wegbereiter einer solchen Natur- und Substanzentwicklung begreifen. Jedenfalls enthält das eingangs geschilderte «Vermächtnis» Rudolf Steiners zur Naturbeziehung ein wirksames, um nicht zu sagen kraftvolles ökologisches Potenzial; darauf sollte hier kurz perspektivisch hingewiesen werden.

Wolf-Ulrich Klünker | Rondeshagen

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