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Zwischen Wissenschaft und Spiritualität?

Sebastian Knust im Interview mit Armanc Leo Quandt, erschienen in der Anthroposophie / MICHAELI 2025 / NR. 313

von A. Leo Quandt | S. Knust | 27.10.2025

Sebastian Knust: Sie forschen auf dem Gebiet der Anthropologie und studieren also unterschiedliche gesellschaftliche Milieus. Was interessiert Sie an diesem wissenschaftlichen Fachgebiet?

Armanc Leo Quandt: Mein Interesse an der Ethnologie – wie man die Anthropologie im Deutschen meist nennt – kommt aus meiner Neugier an Menschen: was sie sagen, was sie tun, und wie das zusammenhängt. Ähnlich wie in der Anthroposophie steht auch in der Ethnologie der Mensch im Zentrum. Aus Büchern kann man viel lernen – und ich liebe Bücher! –, aber unter Menschen zu sein, mit ihnen zu sprechen und zu erfahren, wie sie handeln und worauf sie sich beziehen, ist für mich besonders spannend.

 

SK: Bei Ihren Studien ist es ja sehr wichtig, «ins Feld» zu gehen. Das bedeutet, Sie nehmen als Forscher Kontakt zu Menschen auf, gehen Beziehungen ein und müssen gleichzeitig sicherlich auch Distanz halten. Wie gehen Sie vor und was ist Ihnen dabei wichtig?

ALQ: Die sogenannte «Feldarbeit» ist zentral für ethnologisches Arbeiten. Der direkte Kontakt – ob vor Ort oder auch virtuell – er- öffnet Einblicke in die Vielfalt menschlicher Tätigkeiten. Anthropolog/inn/en befassen sich weltweit mit unterschiedlichsten Themen, von Wissenschaft und Technologie im südlichen Afrika bis zu Spiritualität und Religion in Westeuropa. Ob wir dabei wirklich distanziert bleiben, ist fraglich.

Die Beziehung zu den Menschen ist zentral für unsere Forschung – die nötige Distanz zeigt sich vielleicht eher im Schreiben. Als Disziplin sind wir kritisch gegenüber dem Anspruch auf Objektivität und sprechen stattdessen von «situiertem Wissen».

 

SK: Wie kommt es, dass Sie begonnen haben sich für Anthroposophie als Forschungsgebiet zu interessieren?

ALQ: Mehrere Dinge kamen damals zusammen. In meiner Doktorarbeit habe ich zur Sexualerziehung in Deutschland geforscht und Workshops an Schulen begleitet. Eine der Schulen, die ich in Berlin besuchte, war eine Waldorfschule – und meine Kolleg/inn/en waren begeistert, dorthin zu gehen. Waldorfschulen seien freier, kreativer, progressiver, so sagten sie. Dann kam während meiner Feldforschung die CoronaPandemie – und plötzlich passte das Bild, das ich zuvor von Waldorf und Anthroposophie hatte, überhaupt nicht mehr zu dem, was ich nun hörte. In dieser Zeit heiratete ich, und meine Schwiegermutter erzählte mir von der anthroposophischen Medizin:

Mit ihr habe ihre Mutter nach einer Krebsdiagnose noch zehn Jahre gelebt, obwohl ihr die Schulmedizin nur sechs Monate gab. Diese Widersprüche machten mich sehr neugierig. Ich war überrascht, wie wenig die Anthroposophie in der Anthropologie und verwandten Fächern erforscht wurde – trotz vieler historischer Arbeiten. Also habe ich mir gedacht: Ich mache, was Ethnolog:/inn/en tun – ich fahre hin und schaue es mir selbst an.

 

SK: Mit welchen Erwartungen, Annahmen und Zielen bezüglich der «Anthroposophen» haben Sie Ihre Forschung begonnen?

ALQ: Bevor ich nach Stuttgart kam, habe ich zwei Onlinekurse am Goetheanum und an der Klinik Arlesheim besucht, um mich mit der anthroposophischen Kosmologie vertraut zu machen. Was mich an der Anthroposophie besonders fasziniert, ist ihr Selbstverständnis als Geisteswissenschaft – gerade in der anthroposophischen Medizin bringen schulmedizinisch ausgebildete Ärztinnen und Ärzte Spiritualität und Wissenschaft zusammen. In Stuttgart habe ich jedoch schnell gemerkt, dass Anthroposophie viel mehr ist und sich die Frage nach Wissenschaft längst nicht nur auf die Medizin bezieht. Ursprünglich wollte ich mich stärker auf medizinische Themen konzentrieren, aber mein Interesse hat sich zunehmend auf das Verhältnis zwischen Anthroposophie und Wissenschaft insgesamt verlagert.

Ich war mir anfangs unsicher, wie offen die anthroposophische Gemeinschaft in Stuttgart auf eine Forscherperson «von außen» reagieren würde – nicht nur, weil ich kein Anthroposoph bin, sondern auch, weil ich kein Deutscher bin. Zu meiner Überraschung waren die Menschen, die ich traf, sehr freundlich, großzügig und offen, mich in ihre Kreise aufzunehmen.

Anthroposophische Ärzte und Ärztinnen hingegen waren – vermutlich wegen ihrer hohen Arbeitsbelastung – deutlich schwerer erreichbar, als ich es zunächst erwartet hatte.

 

SK: Sie haben anthroposophische Zusammenkünfte wie Zweigveranstaltungen, Feste, Vorträge, Aufführungen seit Oktober 2024 begleitet. Wie gehen Sie vor, was ist Ihnen wichtig bei Ihren Studien?

ALQ: Insgesamt interessiert mich, wie sich Wissenschaft und Spiritualität in der Anthroposophie begegnen – und was beide Seiten voneinander lernen können.

Im Vergleich zu den Menschen, die Rudolf Steiner und die Anthroposophie schon ihr Leben lang studieren – und das trifft auf viele im Rudolf-Steiner-Haus zu – weiß ich selbst noch sehr wenig. Dieses Bewusstsein ist zentral für meine Herangehensweise: Ich bin hier, um zu lernen, und gerade das ermöglicht mir offene, bedeutungsvolle Gespräche mit Anthroposoph:/inn/en. Ich versuche so viel wie möglich mitzunehmen, ohne von vornherein zu überlegen, ob etwas direkt zu meinem Forschungsthema passt. Denn die Feldforschung ist eine seltene Gelegenheit, auch Unerwartetes zu entdecken. Deshalb habe ich an fast allen Veranstaltungen teilgenommen, zu denen ich Zugang hatte. Besonders oft war ich bei Zweigabenden und den «Mittwochabenden», da sie regelmäßig stattfinden. Ich hatte auch großes Glück, dass dieses Jahr anlässlich des 100. Todestags Rudolf Steiners so viele besondere Veranstaltungen stattfanden. Selbst außerhalb anthroposophischer Kreise, etwa bei der Ausstellung im StadtPalais Stuttgart oder dem Theaterstück «Die Erziehung des Rudolf Steiner» am Staatstheater Stuttgart, wurde das Thema aufgegriffen. Mich interessiert, welche Geschichten diese verschiedenen Perspektiven über Spiritualität, Wissenschaft und Gesellschaft erzählen.

 

SK: Haben Sie selbst ein Interesse an Spiritualität? Welchen Stellenwert nimmt in diesem Zusammenhang die anthroposophische Erkenntnispraxis ein?

ALQ: Ja, ich würde sagen, dass ich ein spiritueller Mensch bin. Ich hatte bisher noch nicht wirklich die Gelegenheit, vollständig darüber nachzudenken, wie die Anthroposophie meine eigene Spiritualität beeinflusst, aber natürlich spüre ich, dass das, was ich lerne, auch persönlich etwas mit mir macht. Das heißt nicht, dass ich alles, was ich erfahre, unkritisch übernehme. Aber ich kann sagen: Die Zeit mit Anthroposoph/ inn/en hat mich zu einem präsenteren Menschen gemacht. Ich wusste zwar schon vorher, wie wichtig das ist, aber ich hatte bisher keinen Raum, es so bewusst zu üben. 

 

SK: Ihre Zeit als Forscher vor Ort ist nun beendet. Ohne zu viel vorwegzunehmen: Können Sie schon eine erste Skizze ihrer Erkenntnisse zeichnen?

ALQ: Vielleicht ist es weniger eine «Erkenntnis» im klassischen Sinn, aber je mehr Anthroposoph/inn/en ich begegnete, desto deutlicher wurde mir, wie vielfältig diese Gemeinschaft ist – oder besser gesagt: dass es nicht die anthroposophische Gemeinschaft gibt. Es gibt viele verschiedene Gruppen und auch Einzelpersonen mit ganz eigenen Zugängen dazu, was ihnen an der Anthroposophie wichtig ist und was ein anthroposophisches Leben für sie bedeutet. Überraschung: Anthroposoph/inn/en sind keine homogene Gruppe, sondern in mancher Hinsicht genauso vielfältig wie der Rest der Gesellschaft.

 

SK: Welche Forschungsschritte kommen konkret nach Ihren Studien und ist eine Veröffentlichung geplant?

ALQ: Ja, ich kehrte Ende Juli nach Berlin zurück und hoffe, dann mit dem Schreiben beginnen zu können. Geplant sind Fachartikel und ein Buchmanuskript. Wann das alles erscheint, ist aber noch offen. Da ich auf Englisch arbeite, werden die Texte zunächst auch auf Englisch erscheinen. Aber ich hoffe sehr, dass das Buch später auch ins Deutsche übersetzt wird.

SK: Dann bin ich gespannt auf die Veröffentlichung. Dank für das Interview 

 


Armanc Leo Quandt, ist Postdoktorand an der Humboldt-Universität zu Berlin. Er promovierte in Sozialanthropologie an der Harvard University und absolvierte zudem ein Zweitstudium in «Women, Gender, and Sexuality Studies». Seine Forschung bewegt sich an den Schnittstellen von Körper, Rassifizierung, Sexualität, Spiritualität und Wissenschaft. Er arbeitet aktuell in der Berliner Humboldt-Universität an seiner Habilitation. Sein Forschungsthema sind die «Anthroposophen». Dafür begleitete er mehreren Monate Aktivitäten rund um das Rudolf-Steiner-Haus Stuttgart, führt Interviews unter anderem mit anthroposophischen Ärzten oder Mitgliedern der Anthroposophischen Gesellschaft und tauchte so ein in anthroposophische Lebenszusammenhänge.

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