Anton Wolf ‒ Kurz-Interview I Stiftung zur Forschungsförderung

Olivia Girard: Welches Thema haben Sie gewählt und warum haben gerade dieses? Was interessiert Sie daran?
Anton Wolf: In den Subtropen Südamerikas hat mich der Anblick des wachsenden Dschungels und der roten Erde darunter sehr beeindruckt. Besonders, da ich mich schon seit längerer Zeit für den biodynamischen Landbau, Bodenbildung und die Waldarbeit interessiere. Es gibt nicht viele Hinweise im Landwirtschaftlichen Kurs über die Einbettung des Waldes in den Zusammenhang des Landes, aber doch einige sehr bedeutsame! Im Regenwald funktioniert vieles anders als bei uns in den gemäßigten Zonen. Zum Beispiel ist der Wald vom Boden bis zu den Kronen mit grünen Gewächsen angefüllt und nicht so ein erhabener Dom über den Säulen der Stämme. Manche Blüten leben als eigenständige Wesen auf den Ästen fremder Pflanzen und die Schlingpflanzen haben zwar einen Stängel, aber keine eigene Aufrechte. Dazu kommt, dass der rote Boden – der unter allen kontinentalen Regenwäldern der Erde immer derselbe ist – fast kein organisches Material hält, sehr gründlich ausgewaschen ist und dennoch die artenreichste Vegetation und Tierwelt überhaupt trägt. Die Bildung dieses Bodens möchte ich also zu verstehen versuchen, mit seiner Einbettung in den größeren Zusammenhang der Tropenwälder und deren Stellung in der Gesamtgestalt der Erdoberfläche.
OG: In welchem Zusammenhang steht Ihr Thema mit der Anthroposophie?
AW: Mit der Anthroposophie frage ich nach der Gliederung des Ganzen. Von ihr kommt die Möglichkeit, ein Gesamtes anzuschauen und in der bestimmten Art, wie sich das eine oder andere da herausgliedert, etwas zu erkennen. Rudolf Steiner beschreibt den Prozess der Weltentstehung als eine abgestufte Ausgliederung bestimmter Formen aus dem Weltenkörper. So kann man auch im Räumlichen die gegenwärtige Erde betrachten.
OG: Haben Sie durch die Beschäftigung mit Ihrem Thema schon interessante Ideen oder Perspektiven gefunden? Möchten Sie eine oder mehrere mit uns teilen?
AW: Die schönste Erkenntnis bis jetzt ist, festzustellen, wie innig das Werden der modernen Naturanschauung mit den Tropen verbunden ist! Die Entwicklungsgedanken Darwins und Haeckels sind angesichts der tropischen Zonen entstanden. Das wird umso bedeutsamer, wenn man sich an das intellektuelle Verhältnis Steiners zu Ernst Haeckel erinnert.
Kurzbiografie:
Anton Wolf: 1998 in Berlin geboren; Studium der Ökonomie und Philosophie an der damaligen Cusanus-Hochschule Bernkastel-Kues; selbstständig vertiefte Auseinandersetzung mit der Anthroposophie; Erkundungsfahrten in Russland, Spanien und Deutschland auf der Suche nach biodynamischem Waldbau; 2024 dreimonatige Mitarbeit am pädagogischen Projekt in Ñamandu, Provinz Misiones, Argentinien, aus der die Forschungsfrage hervorging.