„Lieblingsfeind Rudolf Steiner“

Auch um die Jahreswende 2022/23 sind wieder eine Reihe von Artikel rund um die Anthroposophie, die Waldorfpädagogik und Demeter-Landwirtschaft in deutschsprachigen Medien entstanden. Einige sind hier in einer kommentierten Medienschau zusammengestellt.
Sebastian Knust | AGiD, Öffentlichkeitsarbeit und Projektentwicklung
Lieblingsfeind Rudolf Steiner
Das alte Jahr 2022 endete mit einem vielkommentierten Beitrag am 30. Dezember von den beiden Autoren Wolfgang Müller und Philipp Kovce. Darin zeichnen sie die Geschichte der Diffamierungen von Rudolf Steiner und der Anthroposophie nach – angefangen in den 1920er Jahren, als die Nationalsozialisten die Anthroposophie als „jüdisch“ oder „freiheitlich“ zu verunglimpfen versuchten und sogar Anschlagsversuche verübten, bis hin in unsere Gegenwart, wo im Jahr 2021 absurderweise die Anthroposophie unter anderem im „Spiegel“ als mitschuldig für die vermeintlich niedrige Impfquote in Deutschland angeprangert wurde!
Insgesamt lädt, so konstatieren die Autoren, die Anthroposophie durch ihre vor allem sehr konkrete spirituelle Welt- und Menschensicht zu Spott und Gegnerschaft ein. Es fehle deutlich an differenzierten Auseinandersetzungen, die in letzter Zeit von einseitig diffamierenden Narrativen gegen die Anthroposophie verdrängt wurden.
Kovce und Müller schließen mit folgender augenzwinkernder Bemerkung: „Die militanten Anthro-Gegner warnen mitunter davor, man möge sich durch das freundliche Gebaren der Anthroposophen nicht täuschen lassen – in Wahrheit erstrebten diese eine große kulturelle Transformation. Da haben sie ausnahmsweise recht: Sie streben ein ganzheitlicheres Weltbild an – auch wenn es der Anthroposophie nicht immer und nicht in allen Bereichen gelingt, die Relevanz ihrer Gesichtspunkte deutlich zu machen.“
https://www.welt.de/kultur/plus242931221/Anthroposophie-Lieblingsfeind-Rudolf-Steiner.html
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Der Goetheanum-Brand in den Medien
Der Brand des ersten Goetheanum an Silvester vor 100 Jahren beschäftigt nicht nur die Lokalpresse um Basel, sondern auch den Tagesspiegel aus Berlin. Bei „20 Minuten Schweiz“ wird über die Täter und das Motiv der Brandstiftung gerätselt. Sogar die abwegige Theorie der Brandursache durch „Versicherungsbetrug“ wird wieder aufgewärmt.
Dem Berliner Tagesspiegel ist der Brand ebenfalls eine Erwähnung wert. Unter anderem kommt Christiane Haid, Leiterin der Sektion für schöne Künste am Goetheanum, zu Wort: „Im Zusammenhang aller Kunstformen bis hin zur neu geschaffenen Eurythmie ist hier der Gedanke des Gesamtkunstwerks in einmaliger Weise realisiert worden.“
https://www.tagesspiegel.de/kultur/umstulpung-der-gedanken-vor-100-jahren-brannte-das-goetheanum-ab-und-wurde-wieder-aufgebaut-9105124.html
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Artikelserie im Stern
Die Zeitschrift „Stern“ hat zu Beginn des neuen Jahres eine Serie von drei Artikeln über Waldorfpädagogik und Anthroposophie veröffentlicht. In bekanntem Muster kommen dort vor allem Kritiker:innen der Waldorfbewegung und Anthroposophie zu Wort.
„Was hinter geschlossenen Türen passiert…“
Drei ehemalige Eltern und Waldorschüler:innen heben in diesem Beitrag zu einer großen Anklage gegen die Waldorfschulen und die Anthroposophie an. Sie lamentieren mangelnde Leistung, autoritäre Lehrer:innen, eine Karma-Lehre, die die Entwicklung der Kinder verhindere und berichten sogar von Gewalt der vermeintlich „schwarzen Pädagogik“. Von außen betrachtet kann bei solchen Berichten schon die Frage aufkommen: Wie können die Waldorfschulen angesichts solcher Anschuldigungen nur so erfolgreich sein? Offensichtlich sind Betroffene mit solchen Erfahrungen eine starke Minderheit. Trotzdem stimmen solche Berichte auch nachdenklich und sollten Ansporn sein für fortwährende Qualitätsverbesserung. Pikant ist im Anschluss des Artikels der Link zu einem Podcast des bekannten Anthro-Gegners Rautenberg. Offensichtlich scheint sein einseitiges Anthro-Bashing inzwischen unkritisch von der Redaktion des Sterns übernommen zu werden. Schade.
https://www.stern.de/gesellschaft/waldorfschule--drei-ehemalige-ueber-ihre-erfahrungen-an-steiners-schule-33045466.html
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Das andere Gesicht der Rudolf-Steiner-Pädagogik
Einen deutlich positiveren Blick auf die Waldorfpägagogik wirft der Artikel vom 6. Januar, der Marina Kramper zu Wort kommen lässt, eine frühere Lehrerin einer heilpädagogischen Brennpunkt-Waldorfschule. Dort werden Kinder und Jugendliche in kleinen Klassen unterrichtet, die aus problematischen Familien stammen und entsprechende Lern- und Verhaltensschwächen aufweisen. Die Klientel dieser Schule ist also keineswegs Teil des klassischen, eher bildungsbürgerlichen Waldorf-Milieus.
Als eine besondere Maßnahme hebt Kramper die täglichen „Rituale“ hervor, also wiederkehrende Handlungen, die dem Tag einen klaren Rhythmus geben. Und da wird sie auch grundsätzlicher: „Rituale halten das Universum zusammen. Unsere Erde dreht sich um sich und der Mond um die Erde, die Erde kreist um die Sonne. Und so feiern wir auch die Jahreszeiten mit speziellen Festen. Diese Zyklen sind so angelegt, dass das Kind als Wesen auf diesem Planeten eine Ahnung davon bekommt, wie es in den Kosmos eingebunden ist. Und Kosmos bedeutet auch Ordnung."
https://www.stern.de/familie/waldorfschule-im-problembezirk---mit-rudolf-steiner-gegen-vernachlaessigung--pornos-und-kaputte-familien--33075626.html?cc_bust=5500559
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Religionsexperte über Begründer der Waldorfpädagogik: "Er hat eine esoterische Rassenlehre entwickelt"
Zum Abschluss der kleinen Reihe interviewt der Stern am 9. Januar den bekannten Anthro-Kritiker Ansgar Martins. Dieser beklagt, dass Anthroposoph:innen und Waldorfpädagog:innen die rassistischen Seiten Rudolf Steiners verdrängen würden. Es geht um Themen wie „Karma“ als kritisches spirituelles Konzept hinter der Pädagogik, die scheinbar verbreitete Impfskepsis unter Anthroposoph:innen, interne Flügelkämpfe um den Umgang mit Verschwörungstheorien und Steiners angeblich „esoterische Rassenlehre“. Bei der Distanzierung von solchen Theorien helfe in diesem Milieu nur „äußerer Druck“.
Wie Martins Thesen zu Steiner, der Waldorfpädagogik und den Anthroposoph:innen einzuordnen sind, muss sicherlich Gegenstand kritischer Diskussion sein. Immerhin kommt auch Martins nicht umhin festzustellen, dass unter den Alternativschulen die Waldorfschulen wohl die am besten untersuchten sind – und das mit deutlichen Ergebnissen: „Klar ist aber: Waldorf ist beliebt, Ehemalige sind zufrieden.“
https://www.stern.de/panorama/wissen/waldorfschulen---rudolf-steiner-hat-eine-rassenlehre-entwickelt--33077456.html?cc_bust=5441860
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In eigener Sache: https://www.anthroposophie-gegen-rassismus.de
"Am Essen wird gespart, nicht am Urlaub"
Die Süddeutsche Zeitung geht am 11. Januar den gesellschaftlichen Folgen von Inflation und hohen Stromkosten nach. Dabei wird unter anderem Julian Jacobs, der Betriebsleiter des biologisch-dynamisch arbeitenden Obergrashofs interviewt. Er beklagt die im vergangenen Jahr deutlich gesunkene Kaufkraft, über 20 Prozent seien die Umsätze zurückgegangen. Zum Glück kann er den Betrieb durch Rücklagen weiterführen, doch er prangert eine deutsche Mentalität an: "In Deutschland wird meistens zuerst am Essen gespart - und nicht am Urlaub, das ist schade", sagt er. Das sei in Ländern wie Frankreich und Italien ganz anders, wo die Wertschätzung für gute Lebensmittel deutlich höher sei.