Sechzig Jahre Jugendseminar
«Das Künftige ruhe auf Vergangenem!»*. Ein Beitrag aus der Johanni-Ausgabe 2024 der Zeitschrift „Anthroposophie“.
Schon Rudolf Steiner hatte im Zusammenhang mit der Gründung der ersten Freien Waldorfschule eine Art Jugendseminar in der Planung. Ihm war bewusst, dass zwar die Inhalte der Anthroposophie in der Schule selbst nicht behandelt wurden, aber der ein oder andere Schuler doch im Laufe der Zeit Fragen nach ihr entwickeln konnte. Schließlich war die ganze Methodik, die Art, wie die Inhalte vermittelt wurden, davon sehr beeinflusst und er wollte den jungen Menschen, die dafür wach wurden, einen Raum eröffnen, nach der Schule, vor einer Ausbildung oder einem Studium, ihren Fragen nachzukommen. Schon damals dachte er an die Notwendigkeit für Nachwuchs im kompetenten Umgang mit der Anthroposophie Sorge zu tragen. Einem Hinweis von Dietrich Esterl verdanke ich es, die Baupläne für ein entsprechendes Gebäude gesehen zu haben. Wahrscheinlich hatte er auch deshalb Menschen wie Walter Johannes Stein, der sich sehr selbständig mit den Inhalten der Philosophie der Freiheit beschäftigte, als Lehrer an die Urwaldorfschule geholt. Wie Steiner in den Vorträgen zum pädagogischen Jugendkurs ausführt, solle solch ein Studium Generale u. a. mit der Verlebendigung des Denkens anhand dieses Werks beginnen. Er selbst wollte es deshalb für die Jugend umschreiben, wozu es leider nicht mehr kam.
Leider konnte auch der ganze Impuls nicht umgesetzt werden, geschuldet den dramatischen Ereignissen in den frühen Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts und dem Tod Rudolf Steiners.
Erst nach dem 2. Weltkrieg wurde dieser Impuls wieder aufgegriffen, als damals junge Menschen immer dringender nach sinnstiftenden Berufen und Tätigkeiten riefen, bis dieser Ruf zur Gründung des Freien Jugendseminars an Ostern 1964 führte. Seit nunmehr etwas mehr als 60 Jahren bildet sich Jahr um Jahr eine internationale Gemeinschaft von ca. 35 jungen Menschen, die in einem Haus zusammenlebend sich auf den Weg machen, die Grundlagen der Anthroposophie ernsthaft kennenzulernen und sie auf Herz und Nieren zu prüfen. Sie wollen sie verstehen lernen und erfahren, ob sie für ihr eigenes Leben, aber auch für die Welt taugt. Es ist also alles andere als ein theoretisches Interesse, sondern sehr lebenspraktisch orientiert. Diesem Suchen entspricht auch der Grundsteinspruch des Seminars: «Suchet das wirklich praktisch materielle Leben, aber suchet es so, dass es euch nicht betäubt über den Geist, der in ihm wirksam ist. Suchet den Geist […] wendet an den alten Grundsatz: Geist ist niemals ohne Materie, Materie niemals ohne Geist […]»[2]
Es liegt dem Ganzen also von Anfang an ein rosenkreuzerischer Impuls zugrunde! Deshalb wird am Seminar auch die Kunst so großgeschrieben. Ob Bothmer-Gymnastik, Eurythmie, Schauspiel, Denkkunst, Musik, bildende Künste und vor allem die soziale- und Lebenskunst, sie alle dienen gleichermaßen der Grundfähigkeit, jedes Lebensgebiet schöpferisch anzugehen und Geist und Materie im schillerschen Sinne in ein lebendig-fruchtbares Spiel miteinander zu bringen.
Wie gerne diese Kombination angenommen wird, erleben wir gerade in den letzten Jahren wieder verstärkt. Immer mehr Seminaristen verlängern ihre Zeit auf eigenen Wunsch und können inzwischen bis zu zwei Jahre diesen Entwicklungsort nutzen. Nicht wenige entwickeln gerade im zweiten Jahr ein vertieftes Interesse an der Anthroposophie. Neben «Theosophie», «Die Philosophie der Freiheit» und Ausflügen in «Die Geheimwissenschaft im Umriss » sind es auch immer wieder einzelne Vorträge wie «Was tut der Engel in unserem Astralleib?», «Wie finde ich den Christus?» oder «Der übersinnliche Mensch anthroposophisch erfasst», die von den Seminaristen erfragt und bearbeitet werden.
In der seit vielen Jahren stattfindenden Ehemaligenarbeit treffen sich einige Ex- Seminaristen mehrmals im Jahr, um sich anhand der sogenannten «Michaelbriefe» den brandaktuellen Fragen des Umgangs mit den Intelligenzkräften zu widmen. In dieser Arbeit taucht in letzter Zeit das immer stärkere Bedürfnis auf, die sogenannte «Michaelsprache» zu lernen. Damit ist das Ziel verbunden, Anthroposophie in zeitgemäßer Form in der Welt repräsentieren zu können.
Es ist uns daher tiefe Befriedigung, wenn wir bei verschiedenen Anlässen ehemaligen Seminaristen begegnen dürfen, die nicht nur für sich selbst eine sinnerfüllte Aufgabe gefunden haben, sondern auch mehr und mehr bereit sind, Verantwortung innerhalb der anthroposophischen Bewegung und Gesellschaft zu übernehmen. Nicht wenige sind längst dabei, die Anthroposophie in zeitgemäßer Art in der Welt zu vertreten, ob in der Wissenschaft, der Kunst, der Pädagogik, der Medizin, der Landwirtschaft und seit neuestem in der Wirtschaft und auch in der Medienpädagogik.
Daraus zieht seit 60 Jahren unsere Arbeit einen großen Teil ihrer Berechtigung.
Wir wollen daher diesen Anlass nutzen, um wieder neu auf uns aufmerksam zu machen, denn die jungen Menschen brauchen in allen Belangen auch die Unterstützung der älteren. Diese Arbeit beruht einzig und allein auf dem freien Willen der jungen Menschen und muss deshalb Jahr für Jahr durch den freien Willen möglichst vieler Unterstützer getragen werden.
Wir laden deshalb alle Menschen zu Begegnung und Gespräch ein, die ein Interesse daran haben, dass auch nach hundert Jahren junge Menschen sich befähigen können Anthroposophie würdig und kompetent in der Welt zu repräsentieren. Unsere Jubiläumsfeier vom 18. bis zum 21. Juli 2024 ist dazu der willkommene Auftakt!
Praktische Auswirkungen der Anthroposophie in der jungen Erwachsenenbildung …
und auf die Willenskräfte junger Menschen haben es die vereinten Widersacherkräfte ganz besonders abgesehen. Würden sie sich sonst solch eine einfallsreiche Mühe geben, am besten schon ab der Geburt alles Erdenkliche einzusetzen, die Willenskräfte zu lähmen? Den «Erfolg» dieser Bemühungen kann man an den gegenwärtigen immer lauter werdenden Klagen über die sogenannte «Generation Z» ablesen, wobei immer übersehen wird, dass die älteren Generationen willige, meist unbewusste Mithelfer bei diesem Werk waren und sind! Erst jüngst beklagt sich die Unternehmensberaterin Susanne Nickel in ihrem neuesten Buch mit dem sinnigen Titel «Verzogen, verweichlicht, verletzt. Wie die Generation Z die Arbeitswelt auf den Kopf stellt und uns zum Handeln zwingt», wie teuer diese Generation für die Arbeitgeber und überhaupt für die Gesellschaft wird. Echte Selbstkritik und wirkliche Lösungsansätze sind allerdings nur schwerlich zu finden. Auch wir im Jugendseminar kennen diese Phänomene und es ist eine echte Herausforderung, ihnen zu begegnen. Die Ursachen sind vielfältig und reichen von materieller Überversorgung über geistig-seelische Verwahrlosung bis zum Übermaß des Konsums von digitalen Endgeräten nebst (a)sozialen Netzwerken. Die Coronazeit tat ihr Übriges, als sie wie ein scharfes Kontrastmittel den (niedrigen) Stellenwert der Kinder und Jugendlichen in unserer Gesellschaft deutlich aufzeigte. Die Schädigungen aus dieser Zeit werden uns noch lange beschäftigen. Alles zusammen führt zu einer erschreckenden Handlungsinkompetenz und Willenslähmung.
Perfektionswahn statt Entwicklung
Nicht selten ist Angst der Antrieb für gutgemeinte «Entwicklungshilfen». Statt Kindern und Jugendlichen Zeit zu schenken, sollen sie immer früher durch Höchstleistungen brillieren. Das steht zwar im Widerspruch zur abnehmenden schulischen Leistungsfähigkeit und Bereitschaft, hat aber bisher noch nicht zu einem grundsätzlichen Umdenken geführt. Die Furcht, später nichts mehr vom Wohlstandskuchen abzubekommen, treibt viele Eltern dazu, ihre Kinder immer früher einer einseitigen Bildung auszusetzen. Der bekannte Kabarettist Christian Ehring hat das auf den Punkt gebracht, indem er ein Szenario schilderte, bei dem der zukünftige Englischlehrer schon im Kreißsaal am Geburtskanal wartet und das Kind mit den Worten begrüßt: «Welcome, listen and repeat!» Genauso trifft aber auch das Gegenteil auf viele Kinder zu, dass sie nämlich bald das Gefühl bekommen, Bildung lohnt sich sowieso nicht mehr. Der Glaube an die Entwicklung eigener Fähigkeiten ist durch den Konsum zu vieler perfekter Videos sehr korrumpiert. Eine Perfektion wird vorgegaukelt, die unerreichbar scheint. Rüdiger Maas hat, ganz in diesem Sinne, für die Auswirkungen einer solchen digitalen «Erziehung» die perfekte Analyse geliefert in seinem Buch «Generation lebensunfähig».
Dystopien statt Utopien
Viele Transhumanisten, wie Ray Kurzweil in seinem Werk «Menschheit 2.0», haben den Menschen in seinen eigenen Entwicklungsmöglichkeiten längst abgeschrieben. Im Grunde bleibt ihm nur die Wahl, ein Glied der künstlichen Intelligenz, also der Singularität in Form eines Supercomputers zu werden oder auszusterben. Andere «Zukunftspropheten» sehen ihn nur als Zerstörer der Natur oder in einem vegetativen Existieren unter schwierigsten klimatischen Verhältnissen. Nick Bostrum fordert daher nicht umsonst in seinem Werk «Die verwundbare Welt» eine Totalüberwachung jedes Menschen mit Hilfe eines «Freiheitskettchens», das jede Handlung, jedes gesprochene Wort an sog. «Freiheitsministerien» übertragen soll, um die Menschheit vor sich selbst und auch die sensible Erde zu schützen. Leider werden solche Ideen in führenden Kreisen viel zu sehr beachtet. Dass daraus keine Hoffnung für eine gedeihliche Zukunft von Mensch und Natur entstehen kann, versteht sich von selbst. Positive Entwürfe findet man sehr selten im Moment. Auch dies bleibt nicht ohne Wirkung auf viele junge Menschen und es ist eher ein Glücksfall, wenn man junge nicht verzweifelte Menschen findet. Es ist daher auch kein großes Wunder, wenn viele von ihnen ihr «Heil» in virtuellen Welten oder sonstigen Drogen suchen.
Vom Ego zum Ich 4.0
«[…] wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch […]» (Hölderlin)
All das oben Geschilderte und vieles mehr sind die Symptome des großen Angriffs auf das Menschsein seit spätestens 1998. Die Dystopien der Transhumanisten sind inspiriert von Werken wie «Nova Atlantis» von Francis Bacon. Anthroposophie existiert im Wesentlichen dafür, um diesen Impulsen zu begegnen, sie zu erkennen und heilend zu ergänzen. Sie ist nicht gegen diese Entwicklung entstanden, sondern wegen ihr! Gegen diese Impulse zu kämpfen ist aussichtslos. Es lohnt sich viel mehr, das im Menschen schlummernde geistige Potenzial zu wecken, dann können wir viele der neuen technischen Möglichkeiten sinnvoll nutzen und sie nicht mit den Intelligenztaten verwechseln, die nur der Mensch zu leisten imstande ist. Sie ahmen uns ja nicht umsonst so verblüffend, faszinierend und täuschend ähnlich nach. Die Widersacher scheinen besser als wir zu wissen, was in uns steckt. Würden wir uns dieser unserer Fähigkeiten bewusst, verflöge viel von der Magie ihrer Künste.
Jugendseminaristen haben diese Aufgabe in eine humorvoll ernste Formel verdichtet: KI – MI = K. O.; KI + MI = OK! MI steht hier für menschliche oder michaelische Intelligenz. Alles andere ist hoffentlich selbsterklärend. Wir können selbst imaginativ, vernetzt und wirksam denken lernen, wir haben sogar erste Zugangsmöglichkeiten zum Äthernet (auch als Akasha-Chronik bekannt) und unsere Gedanken sind wirksam in der Welt! «4.0» in Bezug auf das Ich bedeutet, dass wir aufgefordert sind, unser Menschsein durch alle Wesensglieder hindurch wieder neu zu gründen. Die Wirkung von bestimmten Widersachern ist ja gerade, dass wir erstarren vor der technischen Perfektion und dadurch unsere scheinbar selbstverständliche Menschensubstanz, bis hin zu Gehen, Sprechen und Denken, zu verlieren drohen oder sie mindestens verstümmeln zu lassen.
Das Wort Anthroposophie in der Übersetzung von Rudolf Steiner bekommt dadurch noch einmal einen ganz neuen Klang: Bewusstsein deines Menschentums! Gerade um das 21. Lebensjahr herum besteht zu dieser Bewusstwerdung eine einmalige Chance, wenn junge Menschen damit beginnen, ihr Ich selbst zu ergreifen und sich auch ihrem Ego-Doppelgängerwesen gegenüberstellen können! Genau darum geht es in der Arbeit im Jugendseminar.
Der Mensch wird, was er denkt, das er sei!
Worte Rudolf Steiners, die uns in diese Richtung verweisen, sind ebenfalls nicht ernst genug zu nehmen. In unserer geistigen Arbeit ist es immer wieder verblüffend und eine Gnade, wenn junge Menschen, durchaus im Ringen mit dieser Tatsache, erleben, dass die lebendigen, sinnstiftenden Gedanken der Anthroposophie sich nicht leicht in kalte Verstandesbegriffe relativieren lassen, sondern mindestens auch ihr Gefühl ergreifen und durch echte Begeisterung im Sinne des Wortes Kraft spenden! Wenn der Widerstand gegen den Geist sich in das Erleben der Realität der Gedankenwelt verwandelt, lassen sich gerade auf diesem Hintergrund neue Zukunftsentwürfe bilden – mit der begründeten Hoffnung, sie, wenn auch mit viel Geduld, umsetzen zu können. Damit einher geht meist ein Erinnern an die eigenen Ideale und Impulse, oft schon seit frühester Kindheit im Herzen getragen. Sie wurden nur im Laufe der Zeit verschüttet von allzu vielen Zwängen und «Vernunftheiten», die reflexartig alles Neue und Unkonventionelle unterdrücken wollen. Nur durch die Verbindung von Ich und eigenem Ideal kann aber wirklich Neues in die Welt kommen. Jeder junge Mensch ist in diesem Sinne ein Samenkorn (Seminarist, abgeleitet von lat. seminare = säen) und es braucht die entsprechenden Rahmenbedingungen, damit es wachsen und fruchten kann. Der Glaube an eine menschenwürdige Zukunft wächst, wir schreiten dabei von der Wissenschaft zur Wirklichkeit der Freiheit, denn ohne wirkliche Freiheit des Geistes und echte Fantasie verliert das menschliche Dasein seinen Sinn!
Der übende Mensch
«Auch die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt» (Confuzius) Es gibt kein besseres Mittel als die Künste, um jungen Menschen in relativ kurzer Zeit erlebbar zu machen, dass sich Üben lohnt und Entwicklung tatsächlich möglich ist. Wenn dazu von ihnen Vertrauen gefasst wurde, verblüffen sie uns immer wieder mit hoher Qualität und Originalität. Vor allem in der Eurythmie und in der Musik als den stärksten Zeitkünsten, aber auch in allen anderen Künsten zeigt sich, wie heilsam, ausgleichend und stärkend ihre Wirkung ist. Hier bewahrheiten sich die Aussagen Rudolf Steiners in dem Aufsatz «Von der Natur zur Unternatur» (GA26), wie sehr der Mensch einen regelmäßigen Zugang zum Übersinnlichen braucht, um den Kräften der Unternatur die Waage zu halten. Kunst vermittelt unmittelbar zwischen dem Übersinnlichen und dem Sinnlichen! Die jungen Erwachsenen muss man ab einem bestimmten Punkt nicht mehr zum Üben anhalten, weil sie im wohltuenden Kontrast zu ihrer bisherigen Schwächung durch den übermäßigen digitalen Einfluss in ihrer bisherigen Biografie nun selbst die konzentrationsfördernde und lebenskräftestärkende Wirkung des Übens erleben. Welch ein Glücksmoment für viele, wenn sie meist nach einem Jahr des regelmäßigen Tuns sich plötzlich dabei ertappen, dass sie 16 Stunden aktiv sein konnten, ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ob sie dazu überhaupt genügend Kraft hätten! Die Hoffnung, wirksam werden zu können, wächst. Diese Erfahrungen bereiten auf natürliche Weise die Bereitschaft zur übenden Meditation vor, nach der junge Menschen auch immer stärker fragen.
«Willst Du werden wie Gott?»
Diese unter Umständen nach Hybris klingende Frage ist laut Rudolf Steiner die Überschrift für unser gegenwärtiges Zeitalter, auf hebräisch kurz: Mi-ka-el? «Nah ist und schwer zu fassen der Gott, wo aber Gefahr ist, wächst das Rettende auch […]» so beginnt das schon weiter oben zitierte Gedicht «Patmos» von Hölderlin – und dieser Aufgabe sollten wir uns mit aller Kraft und Ernsthaftigkeit stellen. Das vorher aufgezeigte Szenario ist ja nicht zufällig so heftig in unserer Zeit: Die Widersacher (und ihre machtbesessenen Diener auf Erden) wissen am besten, was dem Menschen im Prinzip heute möglich ist und wie schwierig es für ihr weiteres Wirken wird, wenn es uns gelingt in unser (mit)schöpferisches Potenzial hineinzuwachsen. «Das menschliche Ich setzt sich zusammen aus Actu und Potentia » wußte schon Theophilos im 4. Jahrhundert nach Christus! Wenn junge Menschen dies erst einmal entdecken, wächst ihre Freude an Bereitschaft und zu künstlerischer Mitgestaltung und Verantwortung von alleine. Sie tragen sehr viel Liebespotenzial in sich und daraus, und wahrscheinlich in Zukunft nur daraus, wachsen die notwendigen Lebens- und Willenskräfte, nicht nur von einer besseren Welt zu träumen, sondern einen bescheidenen, aber wichtigen Beitrag dazu leisten zu können. Dazu braucht es von uns älteren aber keine klagende oder nur krittelnde Begleitung (bei allen berechtigten Sorgen), sondern interessierte Offenheit und Unterstützungsbereitschaft für das Neue, das da kommen möge! Versuchen Sie es, es lohnt sich sehr, denn die Bereitschaft zur Zusammenarbeit ist bei den jungen Menschen groß und junge und ältere Menschen brauchen sich gegenseitig. Wenn Erfahrung und Neugier sich ergänzen, gibt es eine sich lohnende Zukunft. Dann kann das göttliche und zugleich menschliche Potenzial erblühen! Immerhin schlägt Susanne Nickel im letzten Kapitel ihres Buches ähnlich versöhnliche Töne für eine fruchtbare Begegnung der Generationen an und weist darauf hin, wie viel wir voneinander lernen können.
«… Im Geiste sich finden, / heißt Menschen verbinden. …»[3]
Marco Bindelli, Musiker und Leiter des Freien Jugendseminars Stuttgart
[2] und *: Rudolf Steiner: Wahrspruchworte. (GA 40), Dornach 2019, S. 59.
[3] Rudolf Steiner: Wahrspruchworte. (GA 40), Dornach 2019, S. 156.