Sezierte Minderheiten
Zu Oliver Nachtwey & Carolin Amlinger: "Gekränkte Freiheit". Aus der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "DieDrei".
Das Buch ›Gekränkte Freiheit‹ von Oliver Nachtwey und Carolin Amlinger erschien im Oktober 2022 im renommierten Suhrkamp Verlag. Zwischenzeitlich hat es dieses Werk auf Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von DLF-Kultur, ZDF und ›Zeit‹ geschafft. Sein Thema ist die Herausbildung einer neuen politischen Tendenz: des »libertären Autoritarismus«, den die Autoren auch in anthroposophischen Zusammenhängen verorten.
Nachtwey hatte mit einem kleinen Team bereits im Dezember 2020 eine Studie zur ›Politischen Soziologie der Corona-Proteste in Baden-Württemberg[1] vorgelegt, die einige häufig kolportierte Mythen zum Charakter der »Querdenken«-Bewegung widerlegte. So konnte er herausarbeiten, dass die Mitglieder dieser Bewegung tatsächlich eher links orientiert, weiblich, gut ausgebildet, in festen Arbeitsverhältnissen beschäftigt und spirituell aufgeschlossen sind. Die Folgepublikation ›Quellen des Querdenkertums‹[2] verortete die geistigen Ursprünge dieser Protestbewegung dann unter den Anthroposophen, aber auch im bürgerlichen Milieu, im Alternativmilieu und unter evangelikalen Christen. Dabei wurden überraschenderweise doch stärkere Bezüge zu rechtsextremen Einstellungen und Verschwörungstheorien festgestellt.
Die ›Gekränkte Freiheit‹ verdichtet diese Vorarbeiten (und eine weitere), um neue Typen von Protestbürgern zu konstruieren: zuerst den »libertären Autoritären«, dann den »autoritären Innovator« und schließlich, als extremsten Fall, den »regressiven Rebellen«. Angelehnt sind diese Entwürfe einerseits an Theodor W. Adornos ›Studien zum Autoritären Charakter‹ (1950), einer fast tausendseitigen Untersuchung, die mittels differenzierter, auf Fragebögen gestützte Skalen und qualitative Interviews neun faschistoide Persönlichkeitsmerkmale unter US-Amerikanern im gesellschaftlichen Mainstream nachwies. Andererseits rekurrieren Nachtwey und Amlinger auf libertäre Einstellungen, die sie aber im theoretischen Teil ihrer Abhandlung fast ausschließlich mit Tendenzen assoziieren, die vorwiegend unter Wirtschaftsliberalen zu finden sind. Bezogen werden diese Entwürfe auf die Datensätze der ersten Studie, mit 1.150 online befragten Personen und 45 qualitativen Interviews sowie auf einen kleineren, bereits fünf Jahre alten Korpus von 16 qualitativen Interviews mit Menschen aus dem linksliberalen ›Campact‹-Verteiler, die Sympathien für die AfD bekundet hatten. Außerdem versuchen die Autoren ihre Argumentation anhand einzelner Persönlichkeiten zu vertiefen, die in ihr Raster zu passen scheinen, tituliert als »gefallene Intellektuelle «: beispielsweise den Philosophen Peter Sloterdijk, die Politikwissenschaftlerin Ulrike Guérot, die Politikerin Sahra Wagenknecht, den Dramaturgen Bernd Stegemann und den Publizisten Frank Böckelmann. Letztendlich soll damit eine neue politische Tendenz, eben der »Libertäre Autoritarismus« herausgearbeitet werden. Libertär Autoritäre, so liest man im Klappentext des Buches, verteidigten ihre individuellen Rechte »frei […] von Rücksichtnahme, von gesellschaftlichen Zwängen – und frei von gesellschaftlicher Solidarität.«
Diese Hypothese ist nicht nur für die Politikwissenschaft von Interesse. Das herkömmliche Links-Rechts-Schema ist auf die neuen Protestbewegungen nur eingeschränkt anwendbar, weshalb für eine klare Diagnose dieser gesellschaftlichen Veränderungen revidierte Begriffe benötigt werden. Leider – das sei nun vorausgeschickt – scheitern Nachtwey und Amlinger an genau diesem Desiderat. Ihre ambitionierte Arbeit setzt den eigenen Anspruch zu hoch an, weist sie doch inhaltlich, aber vor allem methodisch erhebliche Schwächen auf.
Schwaches Fundament
Zuerst erstaunt es, dass primär Bezug auf libertäre Denker wie etwa Robert Nozick (S. 88f.) genommen wird, um daraus eine theoretische Basis anzulegen, obwohl gerade in den untersuchten alternativen Szenen andere – im Buch nicht genannte – Konzeptionen von Wirtschaft, Gesellschaft und Solidarität diskutiert und teilweise auch im Ansatz praktiziert werden: Die Soziale Dreigliederung, das damit oft verbundene Grundeinkommen oder die Gemeinwohlökonomie sind bereits drei Ansätze, deren ökonomische Solidaritätskonzepte auf die Untersuchung anwendbar gewesen wären. Ebenso hätten sich die geistigen Wurzeln des Anarchismus – etwa bei Max Stirner, Michail A. Bakunin oder Pierre-Joseph Proudhon – bestens geeignet, um das neue Protestphänomen geistesgeschichtlich zu erklären. Von diesen Denkern wurden gesellschaftliche Konzepte entwickelt, die organischer zu den neuen Sozialbewegungen passten als Friedrich von Hayeks neoliberale Wirtschaftstheorie. Ein möglicher möglicher Einfluss der Lebensreform wird zwar genannt (vgl. S. 280), aber nicht näher ausgeführt. Dabei könnte man sich einen Friedrich Muck-Lamberty oder Hugo »Fidus« Höppener besser auf einer »Querdenken«-Veranstaltung vorstellen als einen libertären Wirtschaftswissenschaftler wie Milton Friedman.
Immerhin relativieren die Autoren ihren Bezug zu genuin libertären Denkern an mehreren Stellen des Werkes und schwächen ihre wichtigste These damit wieder ab (vgl. S. 294f., 304 und 342f.). In der Auswertung der kleineren Studie von 2017 werden derartige Einflüsse sogar explizit verneint. Die politische Neuorientierung der Befragten wurde dort gerade mit negativen Reaktionen auf stärkere neoliberale Tendenzen in der Politik erklärt: »Lässt man sie ausführlich zu Wort kommen, führen viele als Grund für diesen Vertrauensverlust [in die Politik – M.F.] den Neoliberalismus und die Austeritätspolitik der letzten dreißig Jahre an.« (S. 304) Da fragt man sich natürlich, wieso Nachtwey und Amlinger an einer derart schwachen These festhalten, obwohl sie deren dürftige Relevanz fairerweise selbst zugeben.
In ähnlicher Weise fehlt ein tragfähiges theoretisches Fundament zur adäquaten Analyse des möglichen Bezugs zwischen Anthroposophie und Protestbewegung. Die Primärliteratur der Rudolf Steiner Gesamtausgabe nutzten die Autoren offenbar nicht, und aus der umfangreichen Sekundärliteratur wird lediglich Helmut Zander zitiert. Zur Erfassung des Untersuchungsgegenstands wäre eine engagiertere Auseinandersetzung mit den Quellen und der Rezeption der Anthroposophie angemessener gewesen. Dieser schwachen theoretischen Fundierung steht eine ausführliche Rekapitulation soziologischer Konzepte, Theorien und Diskurse gegenüber, die jedoch nur eingeschränkt auf die Protestbewegungen anwendbar sind und keine neuen wissenschaftlichen Aufschlüsse erbringen. Wie auch in manchen anthroposophischen Publikationen dienen solche Kapitel dann wohl eher der Bestätigung des eigenen Weltbildes. Gleichzeitig bieten sie der einschlägig gebildeten Leserschaft wohltemperierte Identifikationsräume.
Noch kritischer erscheint an dieser Stelle die ausschließliche Fokussierung auf Maßnahmen- Gegner aus Südwestdeutschland (Kapitel sieben) bzw. vormals linke AfD-Sympathisanten (Kapitel acht). Fruchtbarer dürfte gewiss eine ergänzende Analyse der Einstellungen von Befürwortern rigider Maßnahmen sein, die eigentlich besser zur Kategorie des »autoritären Libertären« passen. Traf und trifft man bei ihnen doch – ausgerichtet an Adornos »F-Skala« (F = Faschismus) – in stärkerem Maße auf die zusätzlichen (und hier unabdingbaren) Eigenschaften der Autoritätshörigkeit, der Identifikation mit der Gesellschaft und der autoritären Aggression, mithin der Neigung, Verstöße gegen Normen und Gesetze ahnden zu wollen.
Gekränkte Befürworter
Die emotionale Rede von Emilia Fester (Bündnis 90/Die Grünen) zur Impfpflicht am 17. März 2022 im Bundestag kann hier als eines von vielen Beispielen für die Einstellung einer »gekränkten Freiheit« genommen werden. Die damals jüngste Abgeordnete echauffierte sich dabei im Duktus einer Slam-Poetin über Menschen ohne Impfung, die ihre Freiheit als geimpfte Bundestagsabgeordnete (angeblich) dramatisch einschränkten. Sie forderte deshalb – im Einklang mit Adornos »autoritärem Charakter« – die unbedingte Durchsetzung der gesetzlichen Impfpflicht für alle Erwachsenen, um diese Freiheit wiederzuerlangen.
Festers Auftritt mag extrem gewesen sein. Allein stand sie mit ihren Ansichten jedoch nicht. Interessanterweise schlugen sich sogar viele Menschen aus alternativen Zusammenhängen auf die Seite der (gekränkten) Maßnahmenbefürworter. Der ehemalige Kreuzberger Waldorfschüler Janosch Dahmen wäre nur ein prominentes Beispiel: Als Arzt führte er die Gruppe der intransigenten Impfpflichtbefürworter bei den Grünen im Bundestag an. Wie im Bundestag entwickelten sich daher innerhalb der Alternativszenen, auch im anthroposophischen Umfeld, teilweise vehement geführte Debatten zu Pro und Contra der mRNA-Impfungen. Auf diese recht instruktiven Diskurse gehen Amlinger und Nachtwey in ihrer Studie leider so gut wie gar nicht ein. Dabei betrieben gerade Maßnahmenbefürworter damals eine forcierte Entsolidarisierung, unterlegten sie doch ihre Argumente mit neoliberalem Gedankengut, etwa der Abwertung aller vorher über Jahre und Jahrzehnte solidarisch erbrachten, sozialen Leistungen gegenüber der Impfung. Warum Nachtwey und Amlinger also die wahrscheinlich wichtigste Gruppe – die (gekränkten) Maßnahmenbefürworter – zur Stützung ihrer These nicht in die Untersuchung einbezogen, ist daher kaum nachvollziehbar, zumal die enge methodische Begrenzung der von ihnen befragten Gruppen ohnehin nur eingeschränkte Rückschlüsse auf die allgemeine Validität ihrer These zulässt. Adorno hatte dagegen bei seiner Untersuchung keine gesellschaftlichen Minderheiten seziert, sondern einen Querschnitt der (weißen) US-amerikanischen Bevölkerung analysiert. Unter den über 2.000 Befragten befanden sich Gruppen von Studierenden, gewerkschaftlich organisierten Arbeitern, Insassen eines Zuchthauses und einer Psychiatrischen Klinik, Offiziersanwärtern der Handelsmarine und Rotariern. Dies verlieh seiner Studie eine nachvollziehbare Festigkeit.
Methodische Unschärfen
Ein weiteres Manko des Werkes von Amlinger und Nachtwey ist daher die schwache zeitgeschichtliche Kontextualisierung. Um vorerst bei Adornos Studie zu bleiben: Sie wurde in den Vereinigten Staaten zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und dem Beginn des Kalten Krieges durchgeführt. Nur kurz darauf sollten in der McCarthy-Ära echte und vermeintliche Kommunisten in Schauprozessen angeklagt werden. Die nordamerikanische Gesellschaft war damals – im Vergleich zu heute – stockkonservativ und ziemlich rassistisch. Adornos Forschungsgruppe fokussierte zudem autoritäre Erziehungsmethoden in der Kindheit der Befragten, denen ein nicht geringer Einfluss auf die Herausbildung des »autoritären Charakters « beigemessen wurde. Diesen Begriff nun aus der damaligen Zeit ohne weitere Problematisierung des historischen Kontextes in die Gegenwart auf eine alternative Protestbewegung im Bodenseeraum zu übertragen, führt zu einer weiteren Verzerrung der theoretischen Grundlagen. Die heutige Protestbewegung agiert(e) aus einer komplett anderen Geistesverfassung heraus: Nicht wenige Menschen in Deutschland waren von den harten Pandemie-Maßnahmen in ihrer gesamten Breite betroffen: weitgehende Einschränkung der Grundrechte, massive Gefährdung der beruflichen Existenz, brutale soziale Isolation, Zerbrechen von Freundschaften und familiärem Zusammenhalt. (Während die Pharmakonzerne ihre Patente nicht freigaben und mit kompromissloser Rückendeckung aus Politik und Medien Milliardengewinne erwirtschafteten.) Zudem wurde die Debatte um die Impfpflicht auch deshalb kontrovers geführt, weil einige Menschen der einen Seite generell die Gefährlichkeit des Virus anzweifelten. Die andere Seite aber leugnete – häufig in ebenso irrationaler Weise – den Umfang der teilweise gravierenden Impf-Nebenwirkungen und verteidigte die Annahme einer starken Wirksamkeit des Impfschutzes, gegen klare wissenschaftliche Evidenz. Die Emotionalisierung des Protestes und damit auch der Befragten ist vor diesem Hintergrund nur bedingt zu entschuldigen. Sie sollte dennoch in einer Untersuchung mit entsprechender Empathie gewürdigt und in dieser Konstellation klar abgegrenzt werden gegen den »autoritären Charakter« Adornos, der unter völlig anderen gesellschaftlichen Gegebenheiten skizziert wurde.
In diesem Zusammenhang fällt auf, dass sich die Studienteilnehmer nicht selten auf »Verschwörungstheorien « bezogen haben sollen. Hier wäre es jedoch methodisch angebracht gewesen, zuerst einen klärenden Exkurs zu unternehmen: zur Unterscheidung zwischen Netzwerken, Lobbyarbeit, Kartellen, geheimen Absprachen, erwiesener Korruption und – daraus resultierend – berechtigter Elitenkritik einerseits, sowie zwischen genuinen Verschwörungstheorien andererseits. Insbesondere in den qualitativen Interviews hätten solche in der demokratischen Debatte wichtigen Unterscheidungen herausgearbeitet werden können. Denn das pauschale Anprangern von »Verschwörungstheoretikern « begünstigt im Umkehrschluss einen grassierenden Lobbyismus. Letzterer kann dann fast gar nicht mehr kritisiert werden. Eine fatale Konstellation in einer Demokratie, die von Transparenz und egalitären Zugängen zur Macht lebt.
Methodische Unschärfen zeigen sich auch bei der Identifizierung antisemitischer Einstellungen. Wenn 30% der Befragten »Keine Angabe « zur Aussage: »Auch heute noch ist der Einfluss von Juden auf die Politik groß« markieren, dann schließen die Autoren daraus auf eine »latente Neigung zum Antisemitismus.« Korrekterweise dürfte eine solche Angabe aber gar nicht gewertet werden; immerhin problematisieren Nachtwey und Amlinger ihre Folgerungen in einer Fußnote (vgl. S. 410). An dieser Stelle drängt sich erneut der Gedanke auf, dass eine umfassendere Studie repräsentativere Resultate erzielt hätte. Wir erfahren beispielsweise nichts über andere, etwa religiöse Minderheiten (Moslems, orthodoxe Christen, Juden, konservative Katholiken), auch nichts über die Einstellungen ostdeutscher Maßnahmengegner. Da bereits die millionenfache Verweigerung der Impfung als (passiver) Widerstand gewertet werden darf, bleiben große Felder des Protestes unbearbeitet. Dazu eine persönliche Beobachtung: Im Winter vergangenen Jahres standen wohl überwiegend Menschen ohne Impfung in den Schlangen vor den Teststellen. In Stuttgart und Trier waren dies beileibe nicht nur Anthroposophen, Evangelikale und weitere Querdenker, sondern ein Querschnitt der lokalen Bevölkerung. Dort – und an anderen, über Deutschland verteilten Orten – hätten Interviews und Fragebögen wahrscheinlich ein relevanteres Bild ergeben.
Brillanter Widerspruch
Im Vergleich zur ersten, bahnbrechenden Studie von Nachtweys Team ist der Erkenntnisgewinn aus der vorliegenden Monografie daher gering. Das Sezieren gesellschaftlicher Minderheiten führt nicht zur Neukartografierung unserer politischen Landschaft, sondern eher auf Abwege. Einen seltsamen Beigeschmack erhält die Studie zudem an Stellen, wo konkret über einzelne Menschen geschrieben wird: über die Teilnehmer der Interviews, aber genauso über Nachtweys und Amlingers Kollegen aus dem Wissenschaftsbetrieb. So weisen etwa die Passagen über Peter Sloterdijk keinen wissenschaftlichen Anspruch mehr auf, dienen sie doch lediglich dazu, einen der reichweitenstärksten Philosophen der Gegenwart mit latenter Ironie ins Lächerliche zu ziehen. Doch damit erweisen sich die Autoren den sprichwörtlichen Bärendienst: Weder werden sie Sloterdijk gerecht, noch genügen sie mit derartigen Ausrutschern ihrem eigenen Anspruch als wissenschaftliche Sachbuchautoren. In Kombination mit den zahlreichen unbelegten Allgemeinplätzen des Bandes entsteht vielmehr der Eindruck, es handle sich bei ›Gekränkte Freiheit‹ um eine Polemik, die von den Autoren in den Diskurs gespielt wurde, um sich auf Kosten von Menschen, die ohnehin durch die mediale Arena getrieben werden, eine noch bessere Position in der Schnittmenge zwischen Wissenschaft und Massenmedien zu verschaffen – während man sich scheut, die Untersuchung auf die zur Bestimmung einer »gekränkten Freiheit« wirklich aussagekräftigen Teile der Gesellschaft zu erweitern. Diese Positionierung wäre umso bedauerlicher, als Oliver Nachtwey in seinen bisherigen Veröffentlichungen ein feines Gespür für aktuelle Themen bewiesen hat, das durch stärkere methodische Klarheit und wissenschaftliche Fairness abgesichert war.
An einigen Stellen finden sich dann doch wichtige Aufschlüsse zur aktuellen Protestbewegung, so etwa das Aufblitzen darwinistischer Einstellungen (vgl. S. 267), die in einem Interview entdeckt werden. Hier hätte eine wenig bearbeitete Facette des Pandemiediskurses (und alternativer Bewegungen) gezielter erforscht werden können – eine Facette übrigens, in der sich ebenso manche Befürworter strenger Maßnahmen wiederfinden dürften. Und der zweite, wissenschafts- und gesellschaftskritische Teil des Schlusses (vgl. S. 351ff.) wirkt auf verblüffende Weise wie ein konzentrierter und gleichzeitig brillanter Widerspruch zum Rest eines Werkes, das auch als Dokument des Schwindens unserer Wissenschaftskultur gelesen werden kann. In diesem Ende immerhin findet sich ein Anlass zur Hoffnung: dass die Autoren ihre Fähigkeiten künftig wieder auf angemessene Weise einsetzen könnten.
Dr. Matthias Fechner | *1966, ist Research Associate eines DFG-Forschungskollegs an der Universität Trier und aktiv bei ›7 Argumente‹, in der GEW, sowie bei ›Bündnis 90/Die Grünen‹.
Oliver Nachtwey & Carolin Amlinger: ›Gekränkte Freiheit – Aspekte des libertären Autoritarismus‹, Suhrkamp Verlag, Berlin, 2022, 478 Seiten
[1] https://www.unibas.ch/dam/jcr:ba4b18d1-9c70-4764-9cce-e7252a26c351/Bericht_Umfrage_Coronaproteste_%20Soziologie_Uni_Basel_17_12_20.pdf
[2] www.boell-bw.de/sites/default/files/2021-11/Studie_Quellen%20des%20Querdenkertums.pdf